Dienstaufsichtsbeschwerde über Staatssekretär Dr. Peter Wichert
In verschiedenen Beiträgen hatte ich bereits dargestellt, in welcher Weise dem Bundespräsidenten, dem Parlament und der Öffentlichkeit gegenüber falsche Gründe für meine Entlassung genannt worden waren. Mit dem unten wiedergegebenen Schreiben vom 10. Januar 2008 habe ich den Bundesminister der Verteidigung Dr. Franz-Josef Jung dezidiert auf das rechtswidrige Fehlverhalten seines Staatssekretärs Dr. Peter Wichert in diesem Zusammenhang hingewiesen und ihn gebeten, daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.
Am 15. Februar 2008 erhielt ich darauf vom Leiter des Ministerbüros in einem lapidaren Schreiben die folgende Antwort, die auch als pdf-Dokument eingesehen werden kann:
„Sehr geehrter Herr Ruwe, auf Ihr Schreiben vom 10. Januar 2008 teile ich Ihnen mit, dass Herr Bundesminister Dr. Jung keinerlei Veranlassung sieht, in dem von Ihnen geforderten Sinn tätig zu werden. Mit freundlichen Grüßen Krause“
In meiner Replik habe ich mein Unverständnis über die unterschiedlichen rechtlichen Maßstäbe im BMVg wie folgt zum Ausdruck gebracht:
Sehr geehrter Herr Krause!
Für Ihr überaus freundliches Schreiben vom 15.02.2008 danke ich Ihnen
herzlich. Noch dankbarer wäre ich Ihnen allerdings gewesen, wenn Sie mir
zumindest einen kleinen Hinweis gegeben hätten, warum das Vertrauen des
Ministers solch fundamental unterschiedlichen Maßstäben unterliegt.
Diejenigen, die dafür gesorgt haben, dass der Betroffene erfährt, dass
ein verleumderischer Vorwurf gegen ihn an das Ministerium gemeldet
wurde, verlieren das Vertrauen des Ministers und ihren Job; derjenige,
der von General Dieter vorab über diesen Vorgang unterrichtet wurde und
keine Einwände dagegen hatte, nämlich Generalinspekteur Schneiderhan,
gewinnt das besondere Vertrauen des Ministers und wird über die normale
Altersgrenze hinweg im Dienst gehalten. Und derjenige schließlich, der
im selben Zusammenhang wahrheitswidrig und unter Verstoß gegen § 9 der Wehrdisziplinarordnung die Vorsitzende des
Verteidigungsausschusses informiert, nämlich Staatssekretär Dr. Wichert, behält ebenfalls das Vertrauen des
Ministers, sein rechtswidriges Verhalten erfährt offenkundig nicht
einmal eine disziplinare Würdigung. Finden Sie nicht auch, dass dies
etwas schwer nachzuvollziehen ist?
Im übrigen beziehen Sie sich in Ihrer Antwort ausschließlich auf mein
Schreiben vom 10.01.2008. Bereits am 24.12.2007 hatte ich den Minister
in einer Dienstaufsichtsbeschwerde darauf hingewiesen, dass die
Abteilung PSZ ihn in der Vorlage vom 12.12.2005 offenkundig vorsätzlich
falsch unterrichtet hatte. Man hatte von einem „rechtsextremistischen
Generalssohn“ gesprochen, obwohl die Personalabteilung später eingeräumt
hat, dass sie meinen Sohn „zu keiner Zeit als rechtsextremistisch
orientiert bewertet habe“. Dass diese Dienstaufsichtsbeschwerde seit
knapp zwei Monaten ohne Antwort geblieben ist, hat mich durchaus
erstaunt, da der Minister eigentlich selbst ein hohes Interesse an der
Aufklärung haben müsste; denn dass man den eigenen Minister vorsätzlich
täuscht, dürfte selbst im BMVg ungewöhnlich sein.
Falls mein Schreiben zu diesem Thema im Hause verloren gegangen sein sollte, finden Sie es auch im Internet .
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Jürgen Ruwe
Weiter möchte ich dies nicht kommentieren. Ich bitte den Leser, sich sein eigenes Urteil zu bilden.
Mein Schreiben an Bundesminister Dr. Jung vom 10. Januar 2008 lautete:
Sehr geehrter Herr Minister!
In meinem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln hat sich trotz
unvollständiger Aktenlage und fehlender Dokumentation durch das BMVg
inzwischen herausgestellt, in welcher Weise Sie in eine Situation
gebracht wurden, die Ihnen kaum eine andere Möglichkeit ließ, als dem
Herrn Bundespräsidenten vorzutragen, Sie hätten Ihr Vertrauen in die
Generalleutnante Dieter und Ruwe verloren.
Mit Schreiben vom 24.12.2007 hatte ich Ihnen bereits dargestellt, wie Sie durch die Abteilung PSZ getäuscht wurden, indem man Ihnen vorenthalten hatte, dass seitens BMVg - PSZ I 7 mein Sohn zu keiner Zeit als rechtsextremistisch orientiert bewertet wurde. Dennoch hat Staatssekretär Dr. Wichert – wissentlich oder ebenfalls getäuscht, in jedem Fall aber rechtswidrig und ohne Ihre Billigung – die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Frau MdB Ulrike Merten und offenbar auch den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Herrn Reinhold Robbe über die Disziplinarfälle Dieter und Ruwe sowie die Absicht, beide gem. § 50 Soldatengesetz zu entlassen, unterrichtet.
Die Unterrichtung erfolgte allem Anschein nach auf der Grundlage der Vorlage BMVg – PSZ I 7 vom 28.12.2005 mit dem dort enthaltenen unwahren Tenor „hochrangige Offiziere der Bundeswehr, die rechtsextremistischen Generalssohn schützen“ – wohlwissend, welche Reflexe diese Formulierung bei den Adressaten hervorrufen würde. Staatssekretär Dr. Wichert wusste zudem genau, dass Informationen, die in den parlamentarischen Raum gehen, nicht geheim bleiben. Dies hatte er in seiner früheren Verwendung als Staatssekretär im BMVg in meinem Beisein mehrfach warnend hervorgehoben. Tatsächlich hat es nach den Einlassungen des MdB Arnold der Presse und mir gegenüber bereits lange vor der ersten Presseveröffentlichung im Parlament einen „großen Kreis von Wissenden“ gegeben.
Bei den genannten Unterrichtungen handelte es sich immerhin um den Verrat personenbezogener Daten aus einem gerade begonnenen Disziplinarvorgang, deren Weitergabe die Wehrdisziplinarordnung klar entgegensteht. Dieser Vorgang ist daher vom BMVg dem Verwaltungsgericht gegenüber verschwiegen worden und in den Gerichtsakten des Verfahrens nicht dokumentiert. Die Tatsache der Unterrichtung steht aber zweifelsfrei fest. Dies ergibt sich aus den Äußerungen von Frau MdB Merten in der Presse und den Einlassungen des persönlichen Referenten des Wehrbeauftragten mir gegenüber im Januar 2006. Im übrigen hat auch der Prozessbevollmächtigte des BMVg meinen diesbezüglichen Äußerungen nicht widersprochen.
Sie werden verstehen, dass ich ein großes Interesse daran habe, Form und Inhalt der Unterrichtung der beiden genannten Institutionen in meiner Angelegenheit ebenso wie deren Reaktion zu erfahren. Im übrigen kann dies ja nicht ohne Einfluss auf Ihren Entscheidungsprozess geblieben sein. Skandalöserweise haben mir Frau MdB Merten und selbst der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages mit Hinweis auf das laufende Verfahren Auskünfte verweigert. Sie werden diese Haltung jedoch nicht durchhalten können; denn sie widerspricht eindeutig meinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das ich auch dem BMVg gegenüber geltend mache; denn auch dort muss der Vorgang ja dokumentiert sein.
Unabhängig davon bringe ich den Vorgang hiermit Ihnen zur weiteren Veranlassung zur Kenntnis. Er stellt nicht nur eine ungleich schwerwiegendere Pflichtverletzung dar, als sie (fälschlicherweise) General Dieter und mir vorgeworfen wird, sondern müsste auch aus naheliegenden anderen Gründen geeignet sein, bei Ihnen einen Verlust des unabdingbar notwendigen Vertrauens in die Amtsführung Staatssekretär Dr. Wicherts im Sinne des § 36 Beamtengesetz zu bewirken. Auch gilt es, möglichen Schaden von der Bundeswehr abzuwenden.
Denn ich weiß nicht, wie Sie es vor dem Parlament, den Bürgern,
aber auch vor Ihrem Gewissen verantworten wollen, dass Sie wegen eines
angeblichen Verstoßes gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit das
Vertrauen in die Generale Dieter und Ruwe verloren und veranlasst haben,
sie ohne jegliche Würdigung nach fast vierzig Dienstjahren unter
schweren Beschuldigungen in den einstweiligen Ruhestand zu schicken,
Staatssekretär Dr. Wichert aber weiterhin Ihr Vertrauen schenken, obwohl
dieser,
- im Vorfeld Ihrer Entscheidung - und diese bereits vorwegnehmend –,
- ohne Ihre Billigung und somit Ihr Vertrauen missbrauchend,
- unter Verstoß gegen § 9 der Wehrdisziplinarordnung,
- unter Verrat von Dienst-, zumindest aber von Privatgeheimnissen,
- aller Wahrscheinlichkeit nach zudem unwahr und
- die Verbreitung dienstlicher und privater Geheimnisse über die Medien
zumindest in Kauf nehmend,
die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und den Wehrbeauftragten
des Deutschen Bundestages unterrichtet hat.
Wenn Sie dieses Verhalten Ihres Staatssekretärs decken, übernehmen Sie dafür die politische, aber auch persönliche Verantwortung. Wenn Staatssekretär Dr. Wichert nur einen Funken Anstand hat, bietet er Ihnen von sich aus seinen Rücktritt an. Mit welcher Glaubwürdigkeit will das BMVg ansonsten künftig die Prinzipien der Inneren Führung vertreten, wenn hingenommen wird, dass ein Staatssekretär, im übrigen nicht nur in der hier beschriebenen Weise, die genannten Prinzipien mit Füßen tritt – zu meinem, aber auch zu Ihrem Schaden.
Es ist m.E. angesichts dieser Entwicklungen – und unabhängig von dem laufenden Verwaltungsrechtsstreit – nun wirklich an der Zeit, diese äußerst unappetitliche Angelegenheit, in der ja auch noch ein paar andere „Tretminen“ herumliegen, endlich zu einem befriedenden Abschluss zu bringen, damit sie nicht zu einer dauerhaften Belastung Ihrer Amtszeit wird. Ich bin nach wie vor bereit, in aller Loyalität Ihnen und unserem Haus gegenüber meinen Teil dazu beizutragen.
Mit freundlichen Grüßen
stets Ihr Jürgen Ruwe